Verbindungen von Nervenzellen entscheidend für Erinnern und Lernen
Wieso werden nur bestimmte Nervenzellen Teil einer Erinnerung? Um diese Frage zu beantworten, untersuchten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie und des Weizmann Institute of Science einen Teil des Gehirns, der für die Erinnerung und das Lernen wichtig ist, den Hippocampus. Dafür verwendeten sie eine innovative Technik (Deep-Brain Two-Photon Mikroskopie), mit deren Hilfe sie die Struktur und Funktion von tiefliegenden Gehirnregionen ansehen konnten.
Sieben Tage lang beobachteten die Forscher die neuronalen Vernetzungen der Gehirnzellen von Mäusen. Danach sahen sie, wie einige dieser Nervenzellen während einer neuen Erfahrung als Netzwerk aktiv wurden. "Wir konnten zum ersten Mal Neuronen dabei beobachten, wie sie eine neue Erfahrung kodieren und ihre Vernetzungen nicht nur nach diesem Prozess, sondern auch schon davor untersuchen", erklärt Alessio Attardo, Projektgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Psychiatrie.
Die Nervenzellen, die später ein Teil einer Erinnerung wurden, zeigten schon vorher eine stabilere Verbindung zueinander als diejenigen, die nicht Teil der Erinnerung wurden. In einem zweiten Schritt stellten die Wissenschaftler den Mäusen eine Lernaufgabe. Die Nager mit den stabil vernetzten Nervenzellen im Hippocampus lernten schlechter als die Mäuse, die flexible neuronale Verbindungen zeigten. Daraus folgerte das Forscherteam, dass stabile Verbindungen zwischen bestimmten Nervenzellen begünstigen, dass diese neue Erinnerungen bilden. Flexible Verbindungen zwischen Nervenzellen hingegen ermöglichen besseres Lernen.
Diese Ergebnisse wurden kürzlich im Journal PLOS Biology veröffentlicht. Sie werfen ein neues Licht auf die zellulären Mechanismen, die es Netzwerken von Nervenzellen im Gehirn ermöglichen, Erfahrungen zu kodieren und Erinnerungen zu erzeugen. „Das Verständnis dieser Mechanismen könnte dazu beitragen, bessere Strategien zur Behandlung von Lern- und Gedächtnisdefiziten im Zusammenhang mit verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen zu entwickeln“, sagt Attardo.