Telematik: KBV fordert Fristverlängerung zur Ausstattung der Praxen
Nach wie vor gibt es nur einen Anbieter, der die Konnektoren für den Anschluss der Praxen an die TI bereitstellt. Zwar haben für dieses Frühjahr weitere Hersteller ihren Markteintritt angekündigt, doch auch das ist fraglich. Selbst wenn die Hardware zur Verfügung stünde, wäre es unrealistisch, alle 100.000 Praxen bis zum Ende des Jahres – wie vom Gesetzgeber vorgegeben – an die TI anzubinden, so Kriedel.
„Zum anderen ist absehbar, dass die Preise für die Komponenten sich nicht so entwickeln werden, wie es in der ursprünglichen Kalkulation der Erstattungsbeträge berechnet war. Wir haben es hier mit einer möglichen Unterdeckung im vierstelligen Bereich pro Praxis zu tun. Damit ergeben sich zwei Arten von Risiken für die Ärzte: Zum einen das Preisrisiko, wobei die Praxis auf einem Teil der Kosten sitzenbleibt. Zum anderen das Sanktionsrisiko. Hier droht ein Abzug von einem Prozent des ärztlichen Honorars, wenn das Versichertenstammdatenmanagement nicht ab 1. Januar 2019 über die TI durchgeführt wird“, erläuterte Kriedel.
Die KBV habe deshalb erneut Verhandlungen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen, um die aktuelle Marktsituation bei der Finanzierung der TI-Komponenten zu berücksichtigen. So ist es auch in der TI-Finanzierungsvereinbarung vorgesehen.
Parallel zur Fristwahrung habe die KBV das Schiedsamt angerufen, so Kriedel. Um das Sanktionsrisiko zu entschärfen, will die KBV außerdem beim Gesetzgeber eine erneute Fristverlängerung um mindestens ein halbes Jahr, also bis Mitte 2019, erwirken. „Ursprünglich waren ohnehin zwei Jahre für den technischen Rollout der TI vorgesehen. Die Schuld, dass dieser Zeitraum immer weiter zusammengeschrumpft ist und die Fristen nicht eingehalten werden können, liegt nicht bei den Ärzten, sondern es ist der Markt, der aktuell nicht ausreichend liefern kann“, betonte Kriedel.
Eine weitere Baustelle bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens ist die elektronische Patientenakte (ePA). Zum Inhalt der ePA sagte Kriedel: „Laut Gesetz soll die ePA Arztbriefe, die Notfalldaten und den Medikationsplan enthalten. Das ist auf mittlere Sicht für eine echte Patientenakte natürlich zu wenig. Ein elektronischer Impfpass sowie weitere medizinische und pflegerische Informationen gehören ebenfalls dazu. Außerdem brauchen wir einen separaten Bereich für hochsensible Informationen, zum Beispiel psychiatrische Diagnosen.“
Damit die Patientenakte im Sinne der Interoperabilität funktioniert müssen folgende Anforderungen aus Sicht der KBV erfüllt sein:
- Für jeden Patienten darf es nur eine Akte geben,
- keine Insel- oder Parallellösungen,
- einheitliche technisch-semantische Standards sowie
- ein sinnvolles Zugriffs- und Berechtigungskonzept.
„Für technische Fragen und solche der Interoperabilität ist und bleibt aus unserer Sicht die gematik der zentrale Akteur. Die Inhalte und die damit verbundene Vergütung sollten aber diejenigen regeln, die die ärztliche Kompetenz haben sowie diejenigen, die die Finanzierung tragen, also KBV und Krankenkassen. Beides ist nicht getrennt zu behandeln. Dafür brauchen wir nicht lauter Einzelgesetze, sondern einen verbindlichen Rechtsrahmen, innerhalb dessen die Selbstverwaltung agieren kann“, so KBV-Vorstandsmitglied Kriedel.