Staub beeinflusst Zahnverschleiß und Kauleistung bei Schimpansen
Für ihre Studie sammelten die Forschenden den Kot von im Taï Nationalpark an der Elfenbeinküste lebenden Schimpansen und analysierten die Kauleistung der Tiere während der Trocken- und Regenzeiten. Dabei stellten sie fest, dass erhöhte Staubbelastungen in Trockenzeiten zu einer verminderten Kauleistung führen. Das Forschungsteam untersuchte dann, wie sich Staub auf die Oberflächenstruktur der Zähne von Schimpansen auswirkt und konnte belegen, dass das Verspeisen von staubbedeckter Nahrung feine, mikrometergroße Furchen und Täler an den Backenzähnen erzeugt. Gleichzeitig zerkauen die Tiere die Nahrung weniger, sodass größere Partikel erhalten bleiben und diese dann auch als größere Partikel im Kot ausgeschieden werden, als es gewöhnlich der Fall ist.
Darüber hinaus fand das Leipziger Forschungsteam Hinweise darauf, dass die auf dem westafrikanischen Subkontinent periodisch vorkommenden Staubwinde, die Schleifpartikel mit sich führen, eine ökologische Belastung für die lokale Umwelt darstellen. Die Taï-Schimpansen sind eine der wenigen Tierarten auf dem afrikanischen Kontinent, bei denen die Forschenden die Staubbelastung der Nahrung messen und einen direkten Zusammenhang zum Zahnabrieb der Tiere herstellen konnten.
Weiterhin analysierten die Forschenden den Zusammenhang zwischen Zahnverschleiß und Nahrungszusammensetzung mithilfe von Langzeitbeobachtungsdaten aus der Datenbank des Taï-Schimpansenprojektes. Beim Sichten der Daten zur Fressdauer der Tiere aus den Jahren 1993 bis 2009 stellten sie fest, dass erwachsene Schimpansen sich von 48 verschiedenen pflanzlichen und sieben tierischen Quellen ernährten, häufig von Früchten und Samen, Nüssen und Blättern; sowie weniger häufig von Insekten, Pflanzenmark und kleinen Säugetieren. Während der Trockenzeit fressen Schimpansen über einen längeren Zeitraum hinweg vorwiegend Samen und Nüsse, nehmen aber weniger Insekten zu sich. Im Vergleich zu Männchen verbrachten Weibchen mehr Zeit mit dem Verspeisen von Früchten, Samen, Blättern, Insekten und Pflanzenmark, und weniger mit Nüssen, Samen und kleinen Säugetieren.
"Ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Ernährung auf der einen und des Zahnverschleißes auf der anderen Seite ist ein wichtiger erster Schritt, wenn es um die Rekonstruktion der Lebensumstände bereits ausgestorbener Menschenvorfahren geht", sagt Ellen Schulz-Kornas, die die Studie am ehemaligen Max-Planck-Weizmann-Zentrum für Integrative Archäologie und Anthropologie am MPI-EVA in Leipzig leitete. "Wenn wir die Ergebnisse der Studie auf größere Zeitspannen in der Menschheitsgeschichte übertragen, könnte Staub auch bei bereits ausgestorbenen Arten der Auslöser für eine verminderte Kauleistung gewesen sein und das Verdauungssystem belastet haben", betont Schulz-Kornas. "Dies könnte gerade auch in solchen Lebensräumen, die saisonalen Schwankungen ausgesetzt sind und eher zu einem trockenen Klima neigen – wie es zum Bespiel für die frühen Menschenvorfahren vor zwischen 3,2 und 1,3 Millionen Jahren im südlichen Afrika der Fall gewesen ist – besonders wichtig sein", sagt Schulz-Kornas.