Scharfe Kritik am Maßnahmenbündel zur Stabilisierung der Zusatzbeiträge
Wenn die Politik eine Sozialgarantie ausspreche, dürfe sie dieses Versprechen nicht durch den Griff in die Tasche der Beitragszahler einlösen, so Litsch. Stattdessen müsse die Sozialgarantie durch einen entsprechenden Bundeszuschuss abgesichert werden. "Die Rücklagen der Kassen sind von Mitgliedern und Arbeitgebern aufgebracht worden. Eine Umverteilung dieser Mittel in den Gesundheitsfonds ist unfair." Damit erledige sich jeder Anreiz in der GKV zum wirtschaftlichen Handeln und zum Aufbau von Rücklagen. Die AOK-Gemeinschaft, die in der GKV einen Marktanteil von rund 36 Prozent hat, soll über 50 Prozent dieser Vermögensabgabe tragen. Gleichzeitig wird sie durch die Regelungen des sogenannten "Faire-Kassenwahl-Gesetzes" überproportional belastet.
Fatale Wechselwirkungen erwartet der Verbands-Chef im Zusammenhang mit den Regelungen des Versichertenentlastungsgesetzes (GKV-VEG). Dort ist bereits jetzt vorgeschrieben, dass das Vermögen der Krankenkassen durch einen nicht ausgabendeckenden Zusatzbeitrag in den Jahren 2020, 2021 und 2022 auf eine Monatsausgabe abzusenken ist. Diese Schwelle wird nun durch den GPVG-Entwurf nochmals auf 0,8 Monatsausgaben heruntergeschraubt. "Kassen, die nach den Vorgaben des GKV-VEG Haushalte mit negativen Ergebnissen zum Abbau des Vermögens aufgestellt haben, werden jetzt gezwungen, ihre Zusatzbeiträge zeitnah zu erhöhen", erklärt Litsch. Er warnt vor diesem Hintergrund vor unkontrollierten Haftungsfällen: "Die Kombination aus der beschlossenen Zerschlagung der kassenartenspezifischen Haftungsverbünde, der auf ein unverantwortliches Maß abgesenkten Mindestrücklage sowie dem nun verschärften Zusatzbeitrags-Anhebungsverbot in bestimmten Fällen kann dazu führen, dass Kassen schneller in die Insolvenz rutschen."
Zur Stabilisierung der Sozialbeiträge und zur Einhaltung der Sozialgarantie im kommenden Jahr hält die AOK-Gemeinschaft einen entsprechenden Bundeszuschuss für angemessen. "Das ist ordnungspolitisch geboten und die beste Lösung", so Litsch. Andernfalls gebe es nur noch die Möglichkeit, die durch die Gesetzgebung in dieser Legislatur verursachte Steigerung der Leistungsausgaben zu limitieren. Litsch: "Dazu muss die Politik dann aber auch unpopuläre Entscheidungen treffen, die die Pharmaindustrie und die Leistungserbringer mit in die Verantwortung nehmen. Um die völlig aus dem Lot geratene Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben in der GKV auch in den Folgejahren wieder ins Gleichgewicht zu bringen, besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf ". Als Beispiele für mögliche Maßnahmen führt der Verbands-Chef die deutliche Erhöhung des gesetzlichen Herstellerabschlags auf patentgeschützte Arzneimittel von pharmazeutischen Unternehmen oder die Streichung der strategieanfälligen TSVG-Regelung zur befristeten Bereinigung der gedeckelten Gesamtvergütung von Vertragsärzten an. Auch durch die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel oder eine Wiederherstellung nicht begrenzter Rechnungsprüfungen bei der Krankenhausabrechnung gebe es milliardenschwere Einsparpotentiale.