Profitstreben im Gesundheitswesen ist ethisch nicht verantwortbar
Mit diesen klaren Worten unterstützen Dr. med. Hans-Albert Gehle, Michael Krakau und Prof. Dr. med. Ingo Flenker den im STERN publizierten Ärzteappell „Rettet die Medizin - gegen das Diktat der Ökonomie in unseren Krankenhäusern“. Diesen Appell tragen zahllose Ärztinnen und Ärzte aus dem MB mit.
Die beiden Vorsitzenden und der Ehrenvorsitzende des Marburger Bundes NRW/RLP verweisen auf die seit vielen Jahren vom Marburger Bund NRW/RLP erhobenen Forderungen, die in 2003 eingeführten DRG-Fallpauschalen endlich abzuschaffen und die chronische Unterfinanzierung der Krankenhäuser durch die Bundesländer zu beenden. Jährlich fehlt den etwa 340 Kliniken in NRW gut eine Milliarde Euro für Investitionen.
„Wir betonen immer wieder, Krankenhäuser und Praxen dürfen nicht zu Rendite- und Spekulationsobjekten verkommen. Der schleichende Industrialisierungsprozess hat auch bereits dazu geführt, dass Praxisketten massiv Gewinne aus einem solidarisch finanzierten Krankenversicherungssystem regelrecht abschöpfen können.“
„In unserer Hauptversammlung 2018 haben wir in einem dreiseitigen Positionspapier im vorigen Herbst vor den Folgen der zunehmenden Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung gewarnt. Wir beklagen, dass die produktivitätsorientierte Vergütung des DRG-Systems keine Zeit für Patienten außerhalb der ärztlichen Kernleistung lässt. Die DRG-Fallpauschen erhöhen zudem kontinuierlich die Anforderungen an die Dokumentation und Arbeitsplatzstruktur des Arztes“, betonen Gehle, Krakau und Flenker weiter.
DRG-System muss durch ein kostendeckendes System ersetzt werden
„Das Krankenhausfinanzierungssystem muss durch ein neues Vergütungssystem ersetzt werden, das die Kosten der aus ärztlicher Sicht nötigen Versorgung unserer Patienten tatsächlich deckt. Das deutsche Gesundheitssystem muss finanziell so ausgestattet sein, dass die Qualität der Versorgung der Patienten flächendeckend gesichert ist und die Gesundheit der Beschäftigten nicht mehr gefährdet wird. Die Bundesländer müssen den Kliniken die nötigen Investitionsmittel vollumfänglich zur Verfügung stellen. Ferner bedarfs es einer angemessenen Personalausstattung in den Krankenhäusern.“
Die Politik steht in der Pflicht. Ein Kahlschlag in der nordrhein-westfälischen Krankenhauslandschaft – wie es etwa die Bertelsmann-Stiftung jüngst vorgeschlagen hat – hätte fatale Folgen: „Solche Vorschläge sind höchst bedenklich. Massive Krankenhausschließungen verbessern gewiss nicht die Versorgung. Wo mancherorts angedacht wird, zwei Drittel der Kliniken in NRW zu schließen, würde man durch die Zerschlagung bestehender Versorgungstrukturen schlicht Menschenleben riskieren“, warnen Dr. med. Hans-Albert Gehle, Michael Krakau und Prof. Dr. med. Ingo Flenker vier Tage vor der Vorstellung des von der NRW-Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Reform der Krankenhauslandschaft.
„Schließungsdebatten schüren nur die Ängste der Bevölkerung und streuen Misstrauen gegen die Beschäftigten, die täglich mit einem hohen persönlichen Einsatz und Millionen Überstunden die medizinische Versorgung in deutschen Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz aufrecht erhalten. Solche populistischen Debatten missachten die Versorgungsrealität und gefährden die Versorgung sowie die Gesundheit der Ärzte und Patienten. Alleine die Politik steht in der Pflicht, diese gefährliche Entwicklung mit einer verantwortungsbewussten Gesundheitspolitik zu stoppen.“
Am kommenden Samstag (14. September 2019) wird sich der Marburger Bund NRW/RLP in seiner Hauptversammlung im Ruhr-Congress Bochum, Stadionring 20, 44791 Bochum, ab 9.30 Uhr mit der Krankenhausplanung 2019 befassen. Wie sieht die stationäre Versorgung der Zukunft aus? Diese Frage wollen u.a. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und KGNW-Präsident Jochen Brink als Gastredner beantworten.