MVZ gefährden landesweite zahnärztliche Versorgung
Die Zahnmedizin wird in Zeiten der Niedrigzinspolitik zunehmend als lukrativer Markt von Großinvestoren entdeckt. Setzt sich der Aufkauf von Zahnarztpraxen durch Fremdinvestoren und die damit einhergehende Kettenbildung weiterhin ungebremst fort, wird sich die zahnmedizinische Versorgung grundlegend verändern – mit schlimmen Folgen für die Patientinnen und Patienten, warnt Berger: „Die Industrialisierung der Zahnmedizin wirkt sich eindeutig nachteilig auf die Versorgung im ländlichen Raum aus. Das belegen aktuelle Zahlen der KZVB. Fremdkapitalfinanzierte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) konzentrieren sich auf die städtischen Ballungsräume. Von den 158 zahnmedizinischen MVZ, die es Ende 2019 in Bayern gab, hatten 68 ihren Sitz in Großstädten mit mehr als 100 000 Einwohnern, 63 in Städten zwischen 10 000 und 100 000 Einwohnern und nur 27 in kleineren Gemeinden.“
Ein großes Angebot von Teilzeitarbeitsplätzen und familienfreundliche Arbeitszeiten für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte sind längst auch in inhabergeführten Zahnarztpraxen üblich. Berger ergänzt: „Jeder Zahnarzt, der sich in einem Ballungsraum im MVZ anstellen lässt, fehlt in der flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung in Bayern. Dort gehen in den kommenden Jahren viele Zahnärzte in den Ruhestand.“
Qualität und Patientenschutz – warnende Beispiele aus dem Ausland
Dass fremdkapitalfinanzierte „Zahnarztketten“ die Versorgung auch qualitativ verschlechtern können, zeige der Blick ins europäische Ausland, so Dr. Rüdiger Schott, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der KZVB und Vizepräsident der BLZK. „In Frankreich und Spanien waren Dentalketten für den Großteil der Patientenbeschwerden verantwortlich und beschäftigen derzeit die Gerichte, weil diese Ketten von Patienten hohe Vorauszahlungen kassiert haben und dann zahlungsunfähig geworden sind. In einigen Fällen musste der Staat mit Entschädigungszahlungen einspringen. Künftig soll jeder Patient in Deutschland schon auf dem Praxisschild sehen können, ob die Praxis oder das MVZ einem Fremdkapitalgeber gehört oder Zahnärzten – momentan ist das nicht zu erkennen.“
Dr. Manfred Kinner, Mitglied des Vorstands der KZVB, ergänzt: „Wir fordern Bundesgesundheitsminister Spahn und die Bundesregierung auf, die „Vergewerblichung“ der Zahnmedizin umgehend zu stoppen. Die Quotenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz vom vergangenen Jahr ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Wir brauchen weitere Maßnahmen, um die über Jahrzehnte gewachsene und im internationalen Vergleich qualitativ hoch angesiedelte Versorgungslandschaft in Deutschland zu erhalten. Der Schutz unserer Patientinnen und Patienten bleibt unser oberstes Ziel.“