Maßnahmen-Paket für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen
Eine angemessene zahnmedizinische Versorgung kommt bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen oft zu kurz. Dass die zahnmedizinische Versorgung bei ihnen deutlich schlechter ist als bei anderen Bevölkerungsgruppen, liegt unter anderem an den unzureichenden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen sowie den eingeschränkten zahnärztlichen Behandlungsmöglichkeiten im häuslichen Umfeld oder in den Pflegeeinrichtungen.
Eine gute Mund- und Zahnhygiene ist nicht nur ein wichtiger Schutz vor Zahnerkrankungen und Zahnverlust, sondern elementar für das allgemeine gesundheitliche Befinden. Die Ansammlung von Bakterien auf Zähnen, Zunge und auf Prothesen hat nachweislich erheblichen Einfluss auf die Gesundheit. Insbesondere Risiken für Herz- und Lungenerkrankungen sowie für Schlaganfälle lassen sich durch Mund- und Zahnhygiene günstig beeinflussen.
Um Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen eine bestmögliche Versorgung zu ermöglichen, hat die Kammer ein Maßnahmen-Paket zur Mund- und Zahngesundheit erstellt. Zusammen mit dem Sozialminister Dr. Heiner Garg und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KZV) Peter Oleownik stellte die Kammer die Inhalte gestern vor. „Der Erhalt der Zahngesundheit ist ein wichtiger Faktor für die Gesundheit und das Wohlbefinden insgesamt. Pflegebedürftige, demenziell Erkrankte oder Menschen mit Behinderung benötigen dafür besondere Unterstützung von Angehörigen oder Pflegekräften. Nutzen Sie den Anspruch auf Prophylaxe, die neuen Fortbildungsangebote und praktischen Hilfen der Zahnärztekammer zum Wohle der Betreuten“, so Minister Dr. Garg heute.
Die Inhalte des Maßnahmen-Pakets:
- Anspruch auf Individualprophylaxe gemäß §22a SGB V. für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen
- Fortbildung zum Thema „Mundhygiene in der Pflege“
- „Handbuch der Mundhygiene“
- Ratgeber „Aufsuchende Zahnmedizin für Pflegebedürftige“
- Erweiterung des Angebots bei der Patientenberatungsstelle mit Praxisspezifikationen
1. Anspruch auf Individualprophylaxe gemäß §22a SGB V. für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen
Ab dem 1. Juli 2018 haben Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen. „Wir hoffen, dass wir mit der Richtlinie das hohe Risiko dieser Personengruppe an Karies und Parodontitis zu erkranken, senken können“, so Kammerpräsident Dr. Michael Brandt.
„Mit circa 150 Kooperationsverträgen nach § 119 b SGB V (Tendenz steigend) und mehr als 14.000 erbrachten Besuchsleistungen nach BEMA 151-155 leisten die schleswig-holsteinischen Zahnärztinnen und Zahnärzte bereits einen wertvollen Beitrag zur Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen“, erklärt Peter Oleownik. „Nun ist die Politik am Zug, das bürokratische Antragsund Genehmigungsverfahren für die Krankenbeförderung von immobilen Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen aufzuheben, um den Betroffenen einen schnellen Zugang zur zahnärztlichen Sanierung zu ermöglichen.“
2. Fortbildung zum Thema „Mundhygiene in der Pflege“
Wie entstehen Karies und Parodontitis? Wie sieht eine zahngesunde Ernährung aus? Warum ist Mundpflege wichtig und wie kann ich Pflegebedürftigen bei ihrer Mund- und Zahnpflege helfen? Diese Fragen beantwortet die Kammer im Rahmen ihres Fortbildungsangebots zum Thema „Mundhygiene in der Pflege“.
Das Angebot gliedert sich in einen theoretischen und in einen praktischen Teil und richtet sich an Pflegeund Betreuungskräfte sowie in der Pflege Tätigen. In der Fortbildung erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie sie Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen bei ihrer Mund- und Zahnhygiene unterstützen können.
3. „Handbuch der Mundhygiene“
Mit dem „Handbuch der Mundhygiene“ setzt sich Kammer für eine bessere Mund- und Zahngesundheit bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen ein. Der Ratgeber in Kalenderform richtet sich in erster Linie an das Personal in Pflegeeinrichtungen und unterstützende Personen. Er umfasst zahlreiche Informationen und Hinweise zur Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege für Menschen mit Pflegebedarf.
„Wir sind überzeugt, dass das Handbuch eine wichtige Hilfe für das Pflegeund Betreuungspersonal ist“, so Dr. Brandt. Zusammen mit Dr. Walther, Vorstand Prävention der Zahnärztekammer, übergab er das „Handbuch der Mundhygiene“ heute offiziell an den Vorstand des Forums Pflegegesellschaft Anette Langner. Dr. Walther zeigte sich erfreut, dass „das Handbuch endlich an den aktuellen Wissenstand angepasst und mit neuen Bildern aufgewertet wurde.“
4. Ratgeber „Aufsuchende Zahnmedizin für Pflegebedürftige“
In Zusammenarbeit mit der Zahnärztekammer Hamburg hat die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein den Ratgeber „Aufsuchende Zahnmedizin für Pflegebedürftige“ herausgegeben. Dieser Ratgeber für Zahnärzte ist voll gespickt mit wertvollen Informationen und Tipps im Umgang mit Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen.
5. Erweiterung des Angebots bei der Patientenberatungsstelle mit Praxisspezifikationen
Gibt es einen Zahnarzt, der mich im Rollstuhl behandelt? Gibt es eine Praxis, die Hausbesuche durchführt? Rund 2000 Ratsuchende kontaktieren die Zahnhotline jährlich. Die Zahnhotline ist die Patientenberatungsstelle der Zahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung SchleswigHolstein (KZV).
Da sich viele Anfragen auf spezielle Bedürfnisse und besondere Behandlungsmöglichkeiten beziehen, können Zahnärzte ab sofort ihre Praxisbesonderheiten – wie z.B. Hausbesuche, Narkosebehandlungen oder Gebärdensprache – online eintragen. Die Mitarbeiterinnen der Zahnhotline können die neuen Daten mit einem Klick abrufen und direkt an ihre Anrufer weitergeben. Dadurch wird dem Ratsuchenden die mühsame Recherche nach einer geeigneten Praxis in der Nähe erspart.
Das Maßnahmen-Paket hilft, die Mund- und Zahngesundheit für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen zu verbessern. „Wir sind aber noch nicht zufrieden“, sagt Dr. Walther. „Wir fordern, dass eine tägliche Zeit von 2 x 4 Minuten für die Mund- und Zahnpflege zusätzlich zur allgemeinen Körperpflege aufgenommen wird.“
Mit dem Maßnahmen-Paket hat die Kammer einen wichtigen Schritt für eine bessere zahnärztliche Versorgung für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen getan. „Das Erreichte kann aber nur ein Einstieg sein“, so Dr. Brandt.