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Kein „Weiter so!“ nach Corona

Bild: Pixabay / geralt

Wissenschaftler fordern Reform im Gesundheitswesen

| Das deutsche Gesundheitssystem sollte sich bereits jetzt für die Zeit nach der Corona-Krise wappnen. Spätestens dann sind zentrale Reformen dringend notwendig, um die Patientenversorgung deutlich zu verbessern. Vor allem der Krankenhaussektor muss sich stärker am tatsächlichen Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Richtungspapier im Auftrag des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg), der Bertelsmann Stiftung und der Robert Bosch Stiftung GmbH. Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben dabei Handlungsempfehlungen für die Zeit nach der Pandemie.

„Trotz aller unbestrittenen Stärken unseres Gesundheitswesens hat die Pandemie deutliche strukturelle Defizite offengelegt. Ein ‚Weiter so‘ darf es nach Corona nicht geben! Wir brauchen tiefgreifende Reformen sowohl an der Versorgungsschnittstelle zwischen niedergelassenen und stationär tätigen Ärztinnen und Ärzten als auch im Krankenhaussektor an sich“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Von einer reibungslosen interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgung sei man trotz zahlreicher Anstrengungen in der Vergangenheit immer noch weit entfernt. Die Corona-Pandemie setze das Gesundheitssystem einem enormen Stresstest aus und offenbare wichtige Verbesserungspotenziale. Diese Chance müsse nun genutzt werden.

Kleine Kliniken als Versorgungszentren in der Region unverzichtbar

Nach den bisherigen Erfahrungen spielten kleine Kliniken bei der Intensiv-Behandlung von Corona-Kranken eine untergeordnete Rolle. Diese würden vor allem in großen Häusern mit entsprechender Ausstattung und Routine versorgt. „Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr, dass wir aus Gründen der Versorgungsqualität und Patientensicherheit ein Mehr an Konzentration, Zentralisierung und Spezialisierung in Kliniken brauchen“, so Straub. Kleinere Krankenhäuser sollten die Grundversorgung abdecken und sich kurz- bis mittelfristig zu integrierten Versorgungszentren weiterentwickeln. In enger Kooperation mit den Gesundheitseinrichtungen vor Ort blieben sie damit eine unverzichtbare Anlaufstelle in der Region.

Einheitliche Vergütung ambulant und stationär

Erforderlich sei in diesem Zusammenhang auch ein neues Vergütungssystem an der Schnittstelle von ambulanter und stationärer Versorgung. Anders als bisher müsse es hier künftig das gleiche Geld für die gleiche Leistung geben, unabhängig davon, wo die Versorgung erbracht wurde. Ein neues Vergütungssystem allein reiche aber nicht aus, um die Versorgung zu verbessern. Straub: „Die Planung der medizinischen Versorgung muss weg von den Parametern Arztsitze und Klinikbetten. Vielmehr benötigen wir eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung, die am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet ist. Die Gesundheitsversorgung muss dabei qualitativ hochwertig und soweit möglich wohnortnah sein. Allerdings plädieren wir hier klar für das Prinzip ‚Qualität vor Nähe‘.“

Reformbedarf nicht nur im Krankenhausbereich

Für die Zeit nach Corona reiche es aber nicht aus, nur den Krankenhausbereich und die Versorgung zwischen den Sektoren zu reformieren, so Straub weiter. Das Richtungspapier zeige zudem auf, an welcher Stelle im Öffentlichen Gesundheitsdienst, in der ambulanten Primärversorgung, im Pflegebereich und im Bereich der Digitalisierung Handlungsbedarf bestehe. Geschrieben worden sei der Leitfaden von Prof. Dr. Boris Augurzky vom RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen, Prof. Dr. Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und von Prof. Dr. Gabriele Meyer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

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