Infokampagne zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen startet
„Seit ihrer Entdeckung vor 90 Jahren sind Antibiotika unsere wichtigste Waffe bei der Behandlung bakterieller Infektionen. Häufig werden sie aber verschrieben und eingenommen, obwohl sie gar nicht benötigt werden. Das führt dazu, dass die Wirksamkeit von Antibiotika gefährdet ist, da durch ihren unbedachten Einsatz Resistenz-Bildung und -Verbreitung gefördert wurden. Infektionen mit resistenten Bakterien sind oft schwer heilbar, manchmal sogar unheilbar, und ihre Zahl steigt“, erklärte Professor Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer im aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, welches Konsortialführer in dem Projekt ist.
Erst kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation gewarnt: Wenn keine wirksamen neuen Antibiotika gefunden werden und sich Resistenzen weiter ausbreiten, droht der Gesellschaft eine Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor der Entdeckung der Antibiotika herrschten. „Schon heute ist die Situation alarmierend: Allein in den Ländern der Europäischen Union sterben nach aktuellen Schätzungen jedes Jahr über 33.000 Menschen an schweren Infektionen mit resistenten Bakterien“, so Prof. Szecsenyi.
„Um für das Thema zu sensibilisieren, wollen die ARena-Beteiligten in der Weltantibiotikawoche noch stärker in der Öffentlichkeit für einen bewussten Umgang mit Antibiotika werben“, erklärt Dr. Veit Wambach, Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze, die Konsortialpartner in dem Projekt ist. Und weiter: „Mit neuen Postern versuchen wir Aufmerksamkeit zu erzeugen und dazu anzuregen, sich unter www.antibiotika-alternativen.de weiter zu informieren. Dort geht es um viele Aspekte rund um Antibiotika: zum Beispiel um die Frage, warum diese nicht gegen Viren wirken und um Tipps zu Hygiene und Stärkung des Immunsystems. Dort gibt es auch einen Erklärfilm mit dem Titel Husten, Schnupfen - Antibiotika? Denn gerade in der jetzt beginnenden Erkältungszeit fragen Patienten verstärkt nach Antibiotika, obwohl diese in den meisten Fällen gar nicht wirksam sind.“
„Zusätzlich konnten wir zwei regionale Youtuber gewinnen, Beiträge zu erstellen, die hoffentlich auch viele jüngere Menschen anregen, sich mit dem Thema Antibiotika und Resistenzen zu beschäftigen“, so Dr. Wambach weiter. Diese Filme sind abrufbar auf den Youtube-Kanälen Family Fun und JustKetchupAnimation. Daneben informieren die Projektbeteiligten zum Teil auch direkt vor Ort. Dr. Wambach: „Unsere Partner im ARena-Projekt, die Arztnetze, beteiligen sich an der Kampagne zum Beispiel mit Infoständen, Aktionen in den Arztpraxen, Patientenschulungen oder eigenen Pressebeiträgen und -konferenzen.“
Infostände bieten an:
- Das Münchner Ärzte Praxisnetz West und Umgebung e.V. am 12.11.2018, 10 – 14 Uhr in den Pasing Arcaden in München, im Eingangsbereich
- das Praxisnetz Qualität und Effizienz (QuE) am 15.11.2018, 13 – 17 Uhr in der Direktion Mittelfranken der AOK Bayern, Bayreuther Straße 1, in Nürnberg
- das Ärztenetz Rosenheim am 24.11.2018 in der Rosenheimer Fußgängerzone
Neben den teilnehmenden Praxisnetzen engagieren sich auch die AOKen Bayern und Rheinland/Hamburg, die ebenfalls Konsortialpartner in dem Projekt sind, im Rahmen der Kampagne. „Der AOK Bayern ist es wichtig, ihre Versicherten bestmöglich über den verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika aufzuklären. Gerade während der Welt-Antibiotikawoche möchten wir über das Innovationsfondsprojekt ARena auf Antibiotikaresistenzen aufmerksam machen und Therapiealternativen aufzeigen. Die Informationen sollen verdeutlichen, dass es im Einzelfall für den Patienten besser ist, auf Antibiotika zu verzichten“, so Martin Steidler, Bereichsleiter Versorgungmanagement der AOK Bayern.
„Durch den vielfach zu leichtfertigen Einsatz von Antibiotika verlieren wir ein wirksames Instrument zur Bekämpfung bakterieller Infektionen“, sagt Matthias Mohrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg. „Das Projekt ARena leistet einen erfolgreichen Beitrag zur Sensibilisierung aller Beteiligten. Wichtig und wirksam dabei ist auch die Arbeit der Ärztenetze Solimed - Unternehmen Gesundheit GmbH & Co. KG und Arztnetz Bergisch Land e.G. aus Nordrhein-Westfalen, die für eine gezielte Aufklärung vor Ort sorgen.“
Neben einem verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika mahnt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) zum Beginn der Erkältungszeit über einen Impfschutz nachzudenken. „Jeder Einzelne ist gefordert, Infektionskrankheiten bei sich und in seiner Familie zu verhindern und dadurch Antibiotika einzusparen“, erklärt Dr. Lutz Bader, Fachreferent Hygiene der KVB. Impfungen z.B. gegen die echte Virus-Grippe oder gegen Pneumokokken, die häufigsten Erreger der bakteriellen Lungenentzündung, seien dabei ein wichtiger Baustein, weil sie auch zur Vermeidung von Antibiotikatherapien beitragen. „Somit verhindern Impfungen gegen Erkrankungen durch Viren und Bakterien indirekt auch eine weitere Zunahme der Resistenzprobleme. Nicht zuletzt deshalb raten wir im ARena-Projekt dazu, alle öffentlich empfohlenen und von den Krankenkassen finanzierten Schutzimpfungen durchführen zu lassen. Gerade jetzt ist die beste Zeit, den Impfschutz in der Arztpraxis auf Vollständigkeit zu prüfen und bei Bedarf zu impfen. Damit kann jeder Einzelne sich selbst, aber auch der Gesellschaft Gutes tun!“, so Dr. Bader abschließend.
Weitere Informationen zu den ARena-Aktionen sowie den Erklärfilm finden Sie unter: antibiotika-alternativen.de/wabw2018/ und antibiotika-alternativen.de/tipps-infos/.
Hintergrund:
Diese Informationskampagne zur Weltantibiotikawoche wurde im Rahmen von „ARena – Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden“ entwickelt. Das Projekt ARena bündelt Maßnahmen, um einem sorgsamen Umgang mit Antibiotika und dem rationalen Einsatz insbesondere von Breitspektrum-Antibiotika Vorschub zu leisten. Dabei geht es zum einen darum, dass am Projekt teilnehmende Ärztinnen und Ärzte sich über ihr eigenes Verordnungsverhalten von Antibiotika bewusst werden und sich mit Kollegen vergleichen und darüber austauschen, wie der Einsatz von Antibiotika verbessert werden kann. Zum anderen geht es darum, das Wissen der Patienten zu verbessern. Denn oftmals fordern Patientinnen und Patienten eine Antibiotika-Verordnung in dem Fehlglauben, damit schneller wieder auf die Beine zu kommen. Deshalb nehmen sich Ärzte und Ärztinnen in dem Projekt mehr Zeit für die Aufklärung über Antibiotika bei ihren Patienten mit den für das Projekt festgelegten Infektionserkrankungen. Das Projekt versucht auch, eine möglichst große Öffentlichkeit zu erreichen, um die Menschen für das wichtige Thema zu interessieren. ARena wird mit Mitteln in Höhe von 5,1 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) finanziert (Förderkennzeichen 01NVF16008). Es läuft bis Ende 2019. Weitere Informationen unter: www.arena-info.de