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Fluoride in der Ernährung: Ihr Stellenwert für die Kariesprophylaxe

Fluoridiertes Speisesalz spielt nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Kariesprophylaxe.
Bild: ©unpict/Fotolia

Wasser und Lebensmittel als Teil der Fluoridanamnese in der Praxis

| Die Informationsstelle für Kariesprophylaxe (Ifk) beschäftigt sich anlässlich des diesjährigen Mottos zum Tag der Zahngesundheit am 25. September „Gesund beginnt im Mund – Mahlzeit“ mit der Bedeutung von Fluoriden in der Ernährung. Die Aufnahme über Lebensmittel deckt in Deutschland nicht den für den Kariesschutz notwendigen Bedarf, daher spielt der Einsatz von fluoridiertem Speisesalz als Prophylaxemaßnahme eine wichtige Rolle. Auch in diesem Jahr können Praxen und Gesundheitsämter für ihre Aufklärungsarbeit wieder kostenfreie Informationsmaterialien anfordern.

Fluoride kommen natürlicherweise in Wasser, Fleisch, Fisch, Vollkorn- und Milchprodukten vor. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gilt für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 3,1 bis 3,8 mg Fluorid als angemessen (Tabelle 1).1 Diese Werte erreichen Erwachsene mit Lebensmitteln und Getränken nicht, die durchschnittliche tägliche Fluoridzufuhr liegt in Deutschland bei Erwachsenen lediglich zwischen 0,4 und 0,6 mg, bei Kleinkindern zwischen 0,1 bis 0,2 mg. „Über die Nahrung nehmen die Menschen hierzulande nur rund 15 bis 20 Prozent des für den Zahnschutz notwendigen Fluoridbedarfs auf. Die Hauptzufuhr findet dabei über unser Trinkwasser statt“, weiß Professor Dr. Stefan Zimmer, Sprecher der Informationsstelle für Kariesprophylaxe (IfK) und Lehrstuhlinhaber für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke.

Wasser und Tee

In der EU sowie in den meisten Regionen Deutschlands liegt die Fluoridkonzentration im Leitungswasser unter 0,3 mg Fluorid/l.1,2 Einige Länder wie Spanien und Irland setzen zusätzlich auf eine Trinkwasserfluoridierung, in Deutschland verbietet dies allerdings das Lebensmittelrecht. Für Mineralwasser gelten europaweit 5 mg/l als Grenzwert. Wasser, das hingegen weniger als 0,7 mg/l enthält, darf die Kennzeichnung „zur Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet“ tragen.3 So nimmt der Europäer im Durchschnitt über Wasser und Getränke auf Wasserbasis nur 0,13 mg Fluorid pro Tag auf.1 Die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH) hat 2017 eine Liste mit dem Fluoridgehalt von 280 deutschen Mineralwassern veröffentlicht. Zimmer empfiehlt: „In der zahnärztlichen Praxis sollte der Fluoridgehalt im Wasser bei der Fluoridanamnese berücksichtigt werden, um die Gesamtaufnahme in Kombination mit anderen Fluoridierungsmaßnahmen kontrollieren zu können.“ Die Berücksichtigung erfolgt nach vier Kategorien.3

I. 0-0,29       mg Fluorid/l        ohne Bedeutung für die Anamnese
II. 0,3-0,69    mg Fluorid/l       muss berücksichtigt werden
III. 0,7-1,50    mg Fluorid/l      keine Supplemente nötig
IV. über 1,50 mg Fluorid/l      Überdosierung möglich

Achtung: Teetrinker dürften höhere Werte aufweisen, da ein Liter schwarzer oder grüner Tee im Durchschnitt 1-2 mg Fluorid liefert.4

Fluoridiertes Speisesalz

Da die empfohlenen Aufnahmemengen in der Regel nicht erreicht werden, kommen in Deutschland ergänzende Fluoridierungsmaßnahmen zum Einsatz: Eine Möglichkeit stellen Fluoridtabletten dar. Außerdem empfiehlt die Gesellschaft für Ernährung in Deutschland seit 1992 eine Anreicherung des Speisesalzes mit Fluorid.1 Seit 2006 ist die Verwendung in der S2k-Leitline Fluoridierungsmaßnahmen aufgenommen.5 Die karieshemmende Wirkung von fluoridiertem Speisesalz ist in zahlreichen epidemiologischen Studien belegt und somit eine nachweislich wirksame Basisprophylaxe.5,6,7 „Das Fluorid wirkt dabei vor allem lokal an der Zahnoberfläche und schützt so den Zahnschmelz. Auch nach 30 bis 120 Minuten ist die Fluoridkonzentration im Speichel noch erhöht. Außerdem werden die Zähne nach dem Essen bei der Remineralisation unterstützt, indem das Fluorid Kalziumphosphat und Fluoridionen in den Zahnschmelz einlagert“, erläutert Zimmer. Der Einsatz von fluoridiertem Speisesalz ist effektiv sowie einfach und kostengünstig, ein Leben lang. Mit der Verwendung im Haushalt können 0,93 mg Fluorid pro Tag aufgenommen werden – ausgehend von 3 g Salz und der handelsüblichen Anreicherung von bis zu 310 ppm.

Fluoroserisiko? Aktuelle Dosierungsempfehlungen

Immer wieder kommen Bedenken hinsichtlich einer Überdosierung beziehungsweise neurotoxischer Effekte von Fluorid auf. Eine aktuelle groß angelegte Untersuchung des Leibniz-Instituts an der TU Dortmund, in der Studien zur Neurotoxizität von Fluorid analysiert wurden, kommt zu dem Schluss: „Auf Basis der untersuchten Studien besteht bei der aktuellen Fluoridexposition in Europa kein Anlass zur Besorgnis.“2 Professor Zimmer erklärt: „Die Gefahr einer Überdosierung besteht nur, wenn zu viele Fluoridquellen falsch miteinander kombiniert werden.“ Bei Erwachsenen kommt das in der Regel nicht vor. Nutzen Kinder jedoch beispielsweise gleichzeitig fluoridierte Zahnpasten, Speisesalz und Fluoridtabletten, kann sich während der Schmelzbildung eine Fluorose bilden. „Ich empfehle daher beim ersten Zahnarztbesuch – vor allem bei Kindern –, eine umfassende Fluoridanamnese durchzuführen und die Patienten aufzuklären“, so Zimmer. Denn: Neben fluoridierter Zahnpasta und der Fluoridlackapplikation bei der Vorsorge sollte nur eine systemische Fluoridquelle genutzt werden. Nach den 2018 von den Fachgesellschaften verabschiedeten neuen Fluoridempfehlungen sollen Kinder mit Beginn der Teilnahme an der Familienverpflegung zusätzlich zur Zahnpasta (1.000 ppm, je nach Alter in Reiskorn – bzw. Erbsengröße) fluoridiertes Speisesalz erhalten.8 Fluoridtabletten sind dann nicht mehr indiziert.

Zum Tag der Zahngesundheit können Interessierte Informationsmaterialien der IfK wie den Abreißblock mit Fluoridfahrplan, die Broschüre Starke Zähne oder den mehrsprachigen Flyer „Gesunde Zähne haben gut lachen“ kostenfrei bestellen: Auf der Website über das digitale Bestellformular, telefonisch (069 / 2470 6822) oder per E-Mail. Arztpraxen erhalten bis zu 200 Exemplare jeder Broschüre kostenfrei – Gesundheitsämter können bis zu 300 Stück anfordern.

Quellen
  1. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: Fluorid, 1. Ausgabe 2015.
  2. Guth, S., Hüser, S., Roth, A. et al. Toxicity of fluoride: critical evaluation of evidence for human developmental neurotoxicity in epidemiological studies, animal experiments and in vitro analyses. Arch Toxicol 94, 1375–1415 (2020).
  3. Thumeyer A, Freund U, So viel Fluorid enthält Mineralwasser, 2017.
  4. Bundeszentrum für Ernährung, Tee: Gesund trinken.
  5. Hellwig E, Schiffner U, Schulte AG, S2k-Leitlinie Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe, 2013.
  6. Jordan RA, Schulte AG, Bockelbrink AC, Puetz S, Naumova E, Warn LG, Zimmer S, Caries-Preventive Effect of Salt Fluoridation in Preschool Children in The Gambia: A Prospective, Controlled, Interventional Study. Caries Res 2018;51(6):596–604.
  7. Lima CV et al., Fluoride Increase in Saliva and Dental Biofilm Due to a Meal Prepared With Fluoridated Water or Salt: A Crossover Clinical Study, Caries Res 2019;53(1):41-48.
  8. Bundeszahnärztekammer, Kinder- und Jugendzahnmedizin, Empfehlungen zu Fluoridkonzentration in Kinderzahnpasten 2018. Online abrufbar

Empfehlungen zur täglichen Fluoridzufuhr nach der DGE

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