Einziger Posterpreis an Zahnärztin verliehen – für ein Projekt von Gender Dentistry International
„Wir dachten, das Thema passt, und haben unser Poster eingereicht“, sagte Ulrike Uhlmann, sichtlich überrascht nach der Preisverleihung durch die Präsidentin des DÄB, Dr. Christiane Groß, und die Organisatorin des Kongresses, Prof. Dr. Gabriele Kaczmarczyk. „Schon dass wir eingeladen wurden, hatte uns gefreut. Auf den Preis haben wir uns aber keine Hoffnung gemacht.“ Jetzt sei sie erst einmal ziemlich stolz auf die Auszeichnung und werte diese als Anerkennung dafür, dass „wir die geschlechtsspezifische Medizin und Zahnmedizin mit unserer hier vorgestellten Idee weiterentwickeln wollen und können.“
Das preisgekrönte Projekt ist die Fortführung einer Untersuchung, die bereits vor zwei Jahren mit dem Posterpreis der International Society of Gender Medicine ausgezeichnet worden war. Uhlmann hatte damals ein Bewertungssystem vorgestellt, das mit einer Zahl erfasst, inwieweit eine Publikation das Geschlecht dezidiert als Forschungskategorie berücksichtigt, und damit großes Interesse bei Wissenschaftlern und Praktikern aus anderen Nationen geweckt. In dem jetzt vorgestellten Projekt testete sie den Index zunächst an 310 zahnmedizinischen Veröffentlichungen (Bereich nicht-kariöse Zahnhalsdefekte). Sarah Hiltner evaluierte mit ihm 100 internistische Publikationen aus den Bereichen Kardiologie und Endokrinologie. Wenig überraschend zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Disziplinen und ein großer Nachholbedarf für die Zahnmedizin: Nur 31 % der zahnärztlichen Forschungsarbeiten enthielten wenigstens Grundinformationen über geschlechtsspezifische Aspekte, es zeigten sich erhebliche Mängel im Forschungsdesign und bei der Datenanalyse. Dagegen erreichten über 77 % der Veröffentlichungen aus der Gendermedizin-Datenbank – insofern handelte es sich bei den medizinischen Forschungsarbeiten um eine Positivauswahl – das Level „hoch geschlechtersensibel“. Auffällig war, dass die Begriffe „sex“ und „gender“ in beiden Disziplinen unsystematisch verwendet wurden: So wurden rein biologische Aspekte (sex) häufiger mit „gender“ bezeichnet. Auch dies wurde durch die Anwendung des GSSPI offenkundig.
„Die geschlechtsspezifische Medizin hat ungefähr zwei Jahrzehnte Vorsprung, das schlägt sich in der Publikationspraxis nieder“, so PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, GDI-Präsidentin und Betreuerin des Forschungsprojektes von GDI und Charité. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir sehr schnell die existierenden Lücken schließen können. Mit dem Bewertungssystem verfügen wir über ein Instrument, das uns bei der Aufarbeitung der Literatur gute Dienste leisten und gleichzeitig als Feedbacksystem für Autoren und Autorinnen eingesetzt werden kann.“
Die GDI, die sich aus der früheren Deutschen Gesellschaft für geschlechterspezifische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGGZ) weiterentwickelt hatte, belegt mit diesem erneuten Erfolg auf einem medizinischen Kongress, dass sie ihr Ziel, die geschlechtsspezifische Zahnmedizin in der Gendermedizin fest zu verankern, nicht nur konsequent verfolgt, sondern auch erreicht. Gleissner: „Wir brauchen mehr Gendersensibilität in der Forschung, in allen Fächern. Ein validierter Index, wie wir ihn hier vorgestellt und getestet haben, ist die Grundlage dafür, dass die Praxen zuverlässige Daten erhalten, in welchen Bereichen sie geschlechterspezifische Faktoren berücksichtigen müssen und wo vermutlich nicht.“ Die GDI sei sehr glücklich über die Auszeichnung des Posters von Ulrike Uhlmann und Sarah Hiltner – und natürlich stolz auf die erreichte Verankerung der Zahnmedizin in der Medizin.