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Der Preis für schnelle Arzttermine

Bild: Pixabay / geralt

Ein Kommentar von Dr. Frauke Wulf-Homilius, Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen des NAV-Virchow-Bundes, zum geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG):

"Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte, dass alle Bürger in Deutschland eine gute medizinische Versorgung erhalten. Doch dieses Versprechen lässt sich vielerorts nicht einfach so einlösen. Fehlende Nachfolger für Hausarztpraxen und ein Terminmangel bei bestimmten Fachärztegruppen wie Neurologen und Rheumatologen sind Probleme, die viele Regionen in Deutschland betreffen. Mit dem TSVG will Herr Spahn nun gegensteuern, teilweise aber auf Kosten der niedergelassenen Ärzte.

So sollen selbstständige Praxisärzte mehr arbeiten, ohne Rücksicht auf deren Alter, Gesundheit und Praxiskoordination. Es ist zu befürchten, dass ältere Praxisinhaber in die Rente flüchten und Kliniken bzw. Versorgungszentren in die Lücke springen werden.

Der Ausbau der Terminservicestellen ist aus Sicht der Patienten ein tolles Angebot: Verfügbarkeit an 24 Stunden am Tag und sieben Tagen die Woche. Damit unterstützt der Gesetzgeber aber die Flatrate-Mentalität, also den Anspruch, schnelle Termine für jedes „Wehwehchen“ zu erhalten. Die alten, chronisch Kranken, die nicht online sind, werden so auf der Strecke bleiben.

Geplant ist zudem, dass sich mehr Ärzte niederlassen dürfen, ohne dass sich der Finanzierungsrahmen im Kassensystem ändert. Die Folge: Die bereits bestehenden Praxen werden dies finanziell mittragen müssen. Ich schlage deshalb eine finanzielle Beteiligung der Kommunen vor, die sich z. B. in der Mitfinanzierung von Räumlichkeiten oder der Bereitstellung und Pflege einer Internet-Plattform mit Informationen über das örtliche Gesundheitsangebot niederschlagen könnte. So wäre auch ein intersektoraler Austausch der örtlichen Gesundheitsanbieter erleichtert.

Die Einführung der elektronische Patientenakte (ePA) mit zentraler Datenspeicherung in der Cloud ist besonders sinnvoll für alte, chronisch oder schwer Kranke mit sektorenübergreifendem Versorgungsbedarf (z. B. Pflegeheimbewohnern). Die Praxen könnten elektronisch besser kommunizieren, dafür braucht es aber schnelleres Internet – und zwar überall, wo Praxen sind.

Dass Herr Spahn mächtig Bewegung in den ambulanten Versorgungs-Gremien-Tanker gebracht hat, ist letztlich zu begrüßen. Durch das TSVG wird sich die ambulante Versorgung grundlegend ändern. Die Ausgestaltung ist in einzelnen Punkten nicht ganz festgeschrieben.

Noch ist die ambulante Medizin in den Grundversorgerpraxen vor allem von langjähriger medizinischer Betreuung und einer persönlichen Beziehung zu den Patienten geprägt. Der Arzt lernt auch individuell von und mit seinen Patienten. Diese bisher übliche vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung, welche über Jahre wächst, wird bald der Vergangenheit angehören.

Wenn also zukünftig angestellte Ärzte in medizinischen Versorgungszentren die medizinische Behandlung weitgehend übernehmen, wird die ärztliche Basis- und Grundversorgung eher unpersönlich ablaufen. Dieser Effekt kann nur noch durch Telemedizin und Fernbehandlung übertroffen werden.

Als Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen rufe ich alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich am 23. Januar am bundesweiten Informations- und Protesttag zum TSVG zu beteiligen. Für Ärzte in Niedersachsen und Bremen bieten sich die Veranstaltungen in Hannover, Rotenburg (Wümme) und Hamburg an"

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