Bürokratieberg in Praxen etwas abgebaut
„Der Bürokratieberg konnte zumindest ein wenig abgebaut werden. Nach zwei Jahren des leichten Anstiegs konnte in diesem Jahr die Belastung durch Verwaltungsaufgaben im Vergleich zum Vorjahr endlich wieder gesenkt werden. Das ist erfreulich. Trotzdem haben wir noch viel Wegstrecke vor uns, um den Bürokratieaufwand in den Praxen spürbar zu senken“, kommentierte Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV die Ergebnisse.
6 % der Pflichten lösen 91 % der bürokratischen Belastungen aus
„In absoluten Zahlen sind dies circa eine Million Stunden Bürokratieaufwand weniger“, sagte Prof. Dr. Volker Wittberg von der FHM und Leiter des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau. Wie auch in den Vorjahren machten wenige Informationspflichten einen Großteil der Belastung aus. In Zahlen: 91 Prozent aller bürokratischen Belastungen werden durch nur sechs Prozent der Pflichten ausgelöst.
Die „Hitliste“ der Top-Zuwächse bei den Belastungen führte die Dokumentation beim Hautkrebsscreening mit einem Anstieg von über 32.000 Stunden im Jahr an. Durch einen entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses müssen insbesondere Dermatologen mehr Parameter als früher dokumentieren. An der Spitze der Top-Entlastungen stand unangefochten der Wegfall sowohl des Ausfüllens als auch der Archivierung des Berichtsvordrucks Gesundheitsuntersuchung (Muster 30) als Folge der Änderung der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie. Hierdurch fielen pro Jahr über 500.000 Stunden Bürokratieaufwand weg.
Die besonderen bürokratischen Belastungen, die bei der Niederlassung entstehen, wurden im Rahmen von Fokusgruppeninterviews mit neu Niedergelassenen diskutiert. Als wesentliche Hemmnisse wurden hier unter anderem bürokratische Hürden beim Zulassungsverfahren und die Komplexität der Regelungen bei der Abrechnung und bei Verordnungen genannt.
Die KBV empfiehlt verschiedene Lösungsstrategien für einen weiteren Bürokratieabbau. Dazu zählen unter anderem die Verschlankung des Verfahrens zur Arztzulassung, eine unbürokratische Umsetzung der digitalen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eine einfache Umsetzung des eRezeptes sowie die Abschaffung des doppelten Antrags für die Kurzzeittherapie im Rahmen der Psychotherapie.
Dr. Thomas Kriedel betonte: „Wie die bürokratische Belastung sich in den nächsten Jahren weiterentwickelt, hängt vor allem davon ab, wie die Digitalisierung in den Praxen umgesetzt wird. Hier liegt ein enormes Entlastungspotential. Das Beispiel der vom Gesetzgeber gewollten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeigt jedoch deutlich, dass Bürokratieabbau bei der Digitalisierung kein Selbstläufer ist. Derzeitig ist neben der digitalen Variante vom Gesetzgeber trotzdem noch ein Papierausdruck vorgesehen. Das wäre ein Mehr an Bürokratie in den Praxen. Also genau das Gegenteil von dem, was eigentlich mit der Digitalisierung erreicht werden soll. Das macht es schwierig, die notwendige Akzeptanz für den gesamten Prozess der Digitalisierung in den Arztpraxen zu erreichen.“
Der BIX stellt dar, wie viel Zeit die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten im Jahr aufwenden, um bürokratische Pflichten aus den Vorgaben der Selbstverwaltung auf Bundesebene zu erfüllen. Der BIX wird seit 2016 jährlich veröffentlicht. Weitere Informationen und alle Ergebnisse der aktuellen Untersuchung: www.kbv.de/html/bix.php.